72Handout zur Vorlesung

Politik II (Fortsetzung)

 

2. Verfassungsorgane /Staatsorgane (Bundesrat, Bundesregierung/Bundeskanzler, Bundesversammlung/Bundespräsident, Bundesverfassungsgericht)

 

2.1. Der Bundestag

Der Bundestag (BT) ist die Volksvertretung der Bundesrepublik Deutschlands.

Wird direkt vom Volk gewählt. Vgl. mit den Parlamenten in anderen westlichen Ländern:

Stortinget (N), Riksdagen (S), Folketinget (DK), Nationalrat (A+CH).

Seine Aufgaben sind:

1. Gesetzgebung für den Bund (Legislative)

2. Kontrolle der Bundesregierung - Kontrolle der vollziehenden Gewalt (Exekutive)

3. Wahl des Bundeskanzlers, der obersten Richter und (zusammen mit Vertretern der Landtage: Bundesversammlung) des Bundespräsidenten.

Der BT (das deutsche Parlament) ist also eine Versammlung von 656 + 16 (1994) gewählten Abgeordneten, die in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl direkt vom Volk auf vier Jahre gewählt werden.

 

2.2. Der Bundesrat

Durch den Bundesrat (BR) wirken die Länder bei der Gesetzgebung (Legislative) und Verwaltung (Exekutive) des Bundes mit.

Der BR dient als Gegengewicht zum BT, er verkörpert das föderative System des Bundes. Er bringt anders als der BT kein parteipolitisches Kräfteverhältnis zum Ausdruck.

Der BR besteht aus Mitgliedern der Länderregierungen, die von diesen bestellt und abberufen werden, 3-6 pro Land, je nach Einwohnerzahl. Insgesamt besteht der BR aus 69 Mitgliedern. Die Stimmen des einzelnen Landes dürfen nur einheitlich abgegeben werden. Der Leiter des BR ist der Bundesratspräsident, der auf ein Jahr gewählt wird.

 

 Aufgaben sind also:

1. Mitwirkung an der Gesetzgebung (da die Bundesgesetze meist von den Ländern ausgeführt werden)

2. Mitwirkung an der vollziehenden Gewalt.

3. Der BR und BT wählen die Richter des Bundesverfassungsgericht je zur Hälfte.

2.3. Die Bundesregierung und der Bundeskanzler (Kabinett)

 

Die Bundesregierung (BRG) besteht aus dem Bundeskanzler (Regierungschef) und den Bundesministern.

Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten von der Mehrheit des Bundestags gewählt. Er bestimmt die Richtlinien der Politik, leitet die Geschäfte der BRG mit Hilfe des Bundeskanzleramtes und trägt die Regierungsverantwortung gegenüber dem Parlament (Kanzlerprinzip).

Der Bundeskanzler ernennt seinen Stellvertreter und schlägt dem Bundespräsidenten die Bundesminister zur Ernennung vor. Die Anzahl der Minister wird durch das Grundgesetz nicht bestimmt (zwischen 15 und 20).

Die Amtsperiode der BRG endet mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestags oder vorzeitig durch Tod, freiwilligen Rücktritt oder durch ein konstruktives Misstrauensvotum des Bundestags gegen den Bundeskanzler unter Wahl eines neuen Bundeskanzlers (Schmidt/Kohl im Oktober 1982).

Hauptaufgaben der Ministerien sind die Ausarbeitung von Plänen und Gesetzentwürfen sowie die Leitung der untergeordneten Verwaltungszweige. Von besonderer Bedeutung sind die Aufstellung des Haushalts- und Finanzplans duch das Bundesfinanzministerium sowie die Rechtsförmlichkeitsprüfung der Gesetze durch das Bundesjustizministerium.

 

2.4 Der Bundespräsident

Der Bundespräsident ist der Staatsoberhaupt der BRD. Seine Aufgabe ist es, die Einheit des Staates nach außen und nach innen zu repräsentieren. Aus diesem Grund muss er sein Amt unparteiisch ausüben. Er darf keinem anderen Beruf nachgehen, auch keiner Regierung und keinem Parlament angehören (Inkompatibelität, Art. 55 GG).

Er hat keine politische Macht (vgl. mit dem König in Norwegen), sondern repräsentiert den Staat gegenüber In- und Ausland.

Er wird nicht vom Volk gewählt, sondern von einer eigens zu diesem Zweck eingerichteten Bundesversammlung jedes 5. Jahr (maximum 2x5 Jahre). Sie besteht zur Hälfte aus den Abgeordneten des Bundestags (656/669), zur anderen Hälfte aus Mitgliedern, die von den Länderparlamenten (Landtagen) nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden (656/669).

Der Bundespräsident nimmt an der Regierungsbildung teil - u.a. schlägt er dem Bundestag den Bundeskanzlerkandidaten vor. Bundespräsident zur Zeit: Johannes Rau.

 

 2.5 Das Bundesverfassungsgericht:

Das Bundesverfassungsgericht (in Karlsruhe) ist das oberste Gericht. Er wacht darüber, dass Parlament (BT), Regierung (BRG) und Verwaltung die Bestimmungen des Grundgesetzes einhalten. Es entscheidet beispielsweise in Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern oder zwischen einzelnen Bundesorganen.

Es prüft Bundes- und Landesgesetze auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz; wenn ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt wird, darf dieses nicht mehr angewendet werden.

Jeder Bürger hat das Recht, eine Verfassungsbeschwerde einzulegen, wenn er sich durch den Staat in seinen Grundrechten verletzt fühlt.

Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit je acht Richtern. Die Richter werden je zur Hälfte vom BT und BR gewählt. Ihre Amtszeit dauert zwölf Jahre - Wiederwahl nicht möglich.

Das Bundesverfassungsgericht dient als "Hüter der Verfassung" und kann nur angerufen werden.

 

3. Das Wahlsystem.

Bei Bundestagswahlen:

Man darf wählen (aktives Wahlrecht) und gewählt werden (passives Wahlrecht), wenn man

1. deutscher Staatsbürger ist

2. 18 Jahre alt ist

3. im Bundesgebiet wohnt.

(Früher war das Wahlrecht häufig auf bestimmte Personengruppen beschränkt, z.B. auf Männer oder auf Steuerzahler mit einer bestimmten Abgabehöhe (Zensuswahlrecht)).

Jeder Wähler kann zwei Stimmen abgeben. Bei den Wahlen ist das Bundesgebiet in 328 Wahlkreise eingeteilt (die Hälfte der Bundestagsabgeordneten:656, zur Zeit 669 wegen Überhangmandate). In jedem Wahlkreis wird ein Abgeordneter (mit Namen) direkt gewählt. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen (Erststimme) erhält (relative Mehrheit). Die andere Stimme (Zweitstimme) wird für die Liste einer Partei abgegeben

Um es anders zu erklären:

Der Bundestag hat in der Regel 656 Abgeordnete (ohne Überhangmandate). Davon werden also gewählt

1. im Mehrheitswahlrechtsverfahren (relative Mehrzahl):

328 Abgeordnete durch Wahlkreise. Wenn eine Partei in den Wahlkreisen mehr direkte Mandate gewinnt, als ihr nach ihrem Stimmenanteil zustehen würden, so darf sie diese Überhangsmandate behalten - dann hat der Bundestag mehr als 656 Abgeordnete (jetzt 669).

(Erststimme)

2. Im Verhältniswahlrechtsverfahren:

328 Abgeordnete durch die sogenannten Landeslisten (indirekt (ohne Namen) - Parteienlisten)

Danach gibt es Verrechnung, so dass der BT im Verhältnis zu den jeweiligen Stimmenanteilen der Parteien zusammengesetzt wird (Zweitstimme).

5%-Klausel (1957): eine Partei muss mehr als 5% der Stimmen oder 3 Direktmandate (auf Bundesebene) erhalten, um ins Parlament (BT) zu kommen. Ausnahme: Bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl 1990: Wegen besonderer Umstände wurde aus Gründen der Chancengleichheit für diese Wahl die 5%-Klausel für das Gebiet der früheren BRD und das der früheren DDR getrennt angewendet. Wahlgebiet Ost + West.

Legislaturperiode: 4 Jahre. Neuwahlen zulässig, wenn dem Bundeskanzler Misstrauen ausgesprochen wird.

 

4. Politische Parteien

Vgl. http://www.yahoo.de/wahl/ unter Parteien.

zurück